Tiefziehen oder Thermoformen ein Überblick
Wer neu im Modelbau ist, wird schon häufiger über das Thema Tiefziehen gestolpert sein. Möglicherweise ist es abschreckend, denn das Verfahren wirkt kosten- und zeitintensiv. Aber dem ist nicht so! Wir haben hier in unserem Tiefzieh-Guide die wichtigsten Informationen für zusammengefasst und geben Tipps zur Verarbeitung von Folie. In den folgenden Abschnitten wird die Tiehziehtechnik einfach und verständlich erklärt, sodass selbst Unerfahrene direkt loslegen können.
Unsere Guide zum Thermoformen
In unseren Guides erklären wir Schritt für Schritt verschiedene Themen rund um die Tiefziehanwendung.
ÜBERSICHT DER FOLGENDEN ABSCHNITTE
TOPIC 3 - DIE URFORM / DAS NEGATIV
TOPIC 4 - PET-FOLIE ALS TIEFZIEHMATERIAL
TOPIC 5 - ANLEITUNG TIEFZIEHEN
TOPIC 1 - Kurzeinleitung zum Tiefziehen
Wo kann ich Tiefziehen anwenden?
Tiefziehen findet seinen Ursprung in der industriellen Massenfertigung. Andere Begriffe dafür sind Vakuum-Tiefziehen und Thermoforming bzw. Thermoformen. Industriell wird es heute hauptsächlich zur Herstellung von Verpackungen genutzt. Insbesondere für kleinere Stückzahlen ist es eine kostengünstigere Variante im Vergleich zum Spritzguss.
Im Privatbereich wird es insbesondere im Modellbau angewendet. Aber Tiefziehen kann auch zum Herstellen von Gießformen und Dekorationselementen genutzt werden, denn es ist für Hobbybastler einfach umzusetzen. Es werden nur wenige Mittel benötigt, die sich in den meisten Bastlerhaushalten finden.
Wie funktioniert Tiefziehen?
Vakuum-Tiefziehen ist ein physikalisches Verfahren zur Verformung von thermoelastischen Stoffen. Dies sind Materialien, die sich durch Erwärmung und Unterdruck verformen lassen (z.B. Kunststoff, Blech). Der Vorgang umfasst nur wenige Prozessschritte. Eine Zugabe von anderen Stoffen ist nicht nötig. Schon mit normalen Haushaltsmitteln können ausreichende Bedingungen geschaffen werden, um Kunststoffe in die gewünschte Form zu bringen.
Bevor das Verfahren überhaupt angewandt werden kann, muss eine 3-dimensionale Urform (auch Negativ oder Rohling genannt) erstellt werden. Über diese wird die Folie später tiefgezogen. Die Urform wird dazu auf ein luftdurchlässiges Gitter gelegt. Unter diesem kann in einer Tiefziehbox ein Vakuum (Unterdruck) erzeugt werden.
Vor dem Auflegen auf die Urform, muss die Folie jedoch zunächst gleichmäßig erwärmt werden bis sie sich thermoplastisch verformen lässt. Wenn der richtige Punkt der Erwärmung erreicht ist, wird die Folie über die abzubildende Form (Urform) gelegt. Währenddessen wird von unten ein Vakuum erzeugt und die Folie angesaugt. Die Folie schmiegt sich an die Urform und kühlt schnell ab. Nach dem Abkühlen bildet sie die Urform ab und kann abgelöst werden.
Das gesamte Verfahren vom Erwärmen der Folie bis zum Erhalt des fertigen Produktes geht sehr schnell: Im Privatbereich sind es nur 1 – 2 Minuten, in der Industrie geht es natürlich schneller. Die Urform kann immer wieder verwendet werden. Sie nimmt i.d.R. keinen Schaden während des Tiefziehens. So können mehrere Kopien hintereinander angefertigt werden, die eine hohe Maßgenauigkeit aufweisen.
Was für Einschränkungen / Voraussetzungen gibt es für die Anwendung des Tiefziehverfahrens?
Wer mit dem Tiefziehen im DIY-Bereich anfangen möchte, sollte sich zuvor über die Einschränkungen der Methode klar werden:
Mit Tiefziehen können nur Hohlformen der Urform erhalten werden. Diese Methode eignet sich sowohl zum Erhalt von Positiven als auch von Negativen. Dies ist nützlich, wenn ihr Positive, z.B. für eine Fensterscheibe im Modellbau, benötigt oder Negative zur Vervielfältigung eurer Urform braucht. Verwendet jedoch kein heißes Material zum befüllen.
Außerdem sollte die Urform keine Hinterschnittkanten oder zu große Höhenunterschiede zwischen zwei Teilen besitzen. Unter einem Hinterschnitt versteht man in diesem Zusammenhang eine Kante, die einen Winkel kleiner als 90° besitzt. Hinterschnitte erschweren das Herauslösen des Objektes aus der Folie.
Auch komplexere Formen benötigen etwas mehr Erfahrung und einige Versuche, bevor sie richtig gelingen. Dasselbe gilt für besonders große Teile: Im DIY-Bereich wird die Größe der Teile von der Größe der vorhandenen Tiefziehbox und des Ofens zum Erwärmen der Folie bestimmt. Wer größere Teile benötigt, der muss auch hier kreativ werden.
Im Industriebereich werden zwar auch starke Platten und Metallbleche tiefgezogen, der Hobbybastler wird dafür aber keine passenden Geräte zuhause haben. Daher wird im Privatbereich üblicherweise mit Folien von 0,2 bis 1 mm Dicke gearbeitet. Diese genügen meistens, um das gewünschte Projekt durchzuführen.
In den folgenden Abschnitten möchten wir euch weitere wichtige Informationen und Anleitungen zum Erstellen von Tiefziehmodellen bereitstellen. Wenn euch ein Thema fehlt oder ihr eine Frage habt, schreibt uns einfach: filmoo@compact-solutions.de
TOPIC 2 - Unsere Anlage zum Thermoformen
- Welche Materialien benötige ich?
- Was nutze ich zum Erwärmen der Folie?
- Wie arbeite ich effektiv und schnell am Ofen?
- Wie erwärme ich die Folie im Ofen?
- Wie baue ich ein Halterahmen für die Folie selber?
- Wie baue ich mir eine Tiefziehbox?
- Wie bekomme eine einheitliche Oberfläche?
Bevor ihr beginnt eine Tiefziehanlage zu bauen, macht euch Folgendes bewusst: Wie groß sind die Objekte, die ihr tiefziehen wollt? Welche Mittel habt ihr bereits zuhause? Welche Materialien könnt ihr im Einzelhandel erwerben?
Wir haben versucht euch hier eine Anleitung zum Tiefziehen mitzugeben, die auch von Hobbyhandwerkern zuhause nachgemacht werden kann. Wir empfehlen daher eine Tiefziehanlage für Blätter von DIN A4. Für diese genügen auch haushaltsübliche Backöfen, sodass keine Neuanschaffung gemacht werden muss.
Welche Materialien benötige ich zum Thermoformen?
- Haushaltsüblicher Backofen mit Ober- /Unterhitze, Umluft und Grill, Heizstrahler oder Heißluftfön
- Staubsauger
- Aluminiumbleche, Span- oder Sperrholzplatten (zurechtgeschnitten mit Winkelschneider, Trennscheibe und Schleifscheibe oder gleich im Baumarkt)
- Silicatplatte (2,5 cm dick, kann mit Cuttermesser auf Größe des Innenbereichs zurechtgeschnitten werden)
- Holzleisten (Sperrholz) und -platten (OSB) für Tiefziehbox oder fertige Holzkiste
- nach Bedarf Tesa Moll oder andere Abdichtmasse
- Kniehebelspanner, Flügelmuttern oder Foldbackklammern
- Holzschrauben
- Bohrer für Löcher in Holz und Aluminium
- nach Bedarf Lochblech und Baumwollstoff
Was nutze ich zum Erwärmen der Folie?
In unserer Werkstatt verwenden wir einen einfachen Backofen, wie er bei jedem von uns zuhause steht. Wir empfehlen allerdings eher einen Elektroherd als einen Gasherd: Bei einem Elektroherd könnt ihr die Oberhitze- und die Grillfunktion nutzen. Dadurch muss nicht der ganze Herdinnenraum erwärmt werden. Außerdem ist die Temperatur genauer regelbar.
Von Heizstrahlern raten wir im Hobbybereich eher ab. Sie erwärmen die Folie ungleichmäßig, insbesondere an den Rändern. Der Heißluftfön eignet sich besonders für Personen, die Tiefziehen nur gelegentlich betreiben möchten oder die nur kleine Objekte, wie z.B. kleine Scheiben mit einem Durchmesser bis 10 cm, bearbeiten möchten.
Wie arbeite ich effektiv und schnell am Ofen?
Wir arbeiten am offenen Backofen. Für ein einfacheres Arbeiten haben wir die Tür abgenommen. Wer Umluft benutzt, sollte den Backofen allerdings geschlossen halten. Das Arbeiten am offenen Backofen hat Vorteile: So verzögert das Öffnen des Ofens nicht den Vorgang und die Folie kann punktgenau herausgeholt werden. Insbesondere PET-Folien benötigen nur wenige Sekunden bis die ideale Temperatur und damit auch die ideale Konsistenz zum Tiefziehen erreicht ist.
Nachteilig für die Arbeit am offenen Backofen ist das Entweichen der Wärme. Dadurch ist die benötigte Temperatur schwieriger zu erreichen. Daher haben wir im Ofen das obere Drittel abgetrennt, indem wir ein zurechtgeschnittenes Aluminiumblech auf der mittleren Schiene des Backofens eingeschoben haben. Auf dieses haben wir für eine optimale Dämmung eine Silicatplatte gelegt. Statt des Aluminiumbleches könnt ihr auch ein normales Backblech verwenden. So verkleinern wir den Innenbereich des Ofens.
Wie erwärme ich die Folie im Ofen?
Die Folie kann nicht einfach in den Backofen gelegt werden. Sie muss immer in ein Spannsystem bzw. einen Halterahmen eingespannt werden. Dies ermöglicht es euch, die Folie schnell aus dem Ofen herauszuholen und sie im Prozess der Erhitzung gerade zu halten.
Das Spannsystem besteht aus zwei Rahmen. Dazwischen wird die Tiefziehfolie gelegt. Mit Flügelmuttern werden die Halterrahmen festgezogen und somit die Folie im Rahmen gehalten. Unsere Rahmen sind selbstgebaut aus Aluminium. Ihr könnt den Rahmen auch aus Holz (z.B. Span- oder Sperrholzplatten) fertigen oder kaufen, allerdings kann dieser nicht zu häufig verwendet werden, da das Holz schneller verbrennt. In jedem Falle ist das Einspannen der Folie notwendig, um sie sicher zu erhitzen und sie später mithilfe des Rahmens über die Urform zu ziehen.
Wie baue ich ein Halterahmen für die Folie selber?
Wir haben unser Spannsystem etwas angepasst, um das Handling zu erleichtern. Unsere Aluminiumrahmen sind 5 mm dick und 380 mm x 430 mm groß. Diese Maße entsprechen unserem Ofen, sodass sie leicht herausnehmbar sind. Wenn ihr sie nachbauen möchtet, dann solltet ihr zuvor den Innenraum eures Ofens ausmessen.
Den unteren Rahmen (1) haben wir aus einem Aluminiumblech zurechtgeschnitten. An diesen haben wir zusätzlich zur einfacheren Handhabung zwei Holzgriffe (3) angeschraubt. So können wir den Rahmen schnell aus dem Ofen ziehen, ohne Verbrennungen zu riskieren. Der zweite Rahmen zum Auflegen (2) wurde aus vier Leisten zusammengeschweißt; dies spart Material. Wenn ihr nicht schweißen möchtet, könnt ihr mit einem Winkelschleifer den Ausbruch aus einer entsprechenden Platte schneiden oder auch jede einzelne Leiste für sich auflegen und befestigen - dies kostet allerdings Zeit.
Das Loch zum Einlegen der Folie ist auf DIN A4-Folien ausgelegt. Es misst 200 mm x 287 mm. Dadurch ergibt sich ein Überstand der Folie von 5 mm an allen Seiten. Nur so kann die Folie fest zwischen beide Rahmen eingespannt werden. Den Überstand solltet ihr auch für euren Rahmen einplanen!
Das Einspannen der Folie zwischen die beiden Rahmen haben wir uns erleichtert, indem wir anstatt der üblichen Flügelmutterschrauben Kniehebelspanner (4) verwenden. Von diesen haben wir den Gummi entfernt, da er im Ofen schmelzen würde. Der Vorteil der Kniehebelspanner gegenüber den Flügelmutterschrauben ist, dass sie schneller geöffnet und verschlossen werden können. Damit sinkt die Verbrennungsgefahr.
Für die Kniehebelspanner haben wir zunächst M4-Gewinde in den unteren Aluminiumrahmen geschnitten. Daraufhin haben wir die Kniehebelspanner mittels Schrauben am Rahmen befestigt. Um ein Festbacken der Schrauben oder Stahl-Aluminium-Kontakt-Korrosion zu vermeiden, haben wir die Schrauben zusätzlich mit einem Keramikspray eingesprüht.
In einigen Foren werden statt Flügelmutterschrauben auch Foldback-Klammern genutzt. Wer diese Variante bevorzugt, sollte auf jeden Fall darauf achten, dass er keine Plastikklammern verwendet.
Wie baue ich mir eine Tiefziehbox?
Das Spannsystem und die passende Tiefziehbox könnt ihr ganz einfach online bestellen. Aber müsst ihr nicht. Denn selber bauen ist oft günstiger! Außerdem ermöglicht es euch, die Tiefziehbox nach euren eigenen Vorstellungen zu gestalten. Wir haben uns dazu entschieden, unsere Tiefziehbox selber zu bauen.
Das Prinzip der Tiefziehbox ist ganz einfach. An einer Seite wird ein Gerät zum Erzeugen von Unterdruck angesetzt. An der Oberseite der Box sind Löcher, durch die mit Hilfe des erzeugten Unterdrucks die Folie angezogen wird. Die Folie wird dadurch über einen Gegenstand, der auf der Oberseite positioniert ist, gezogen.
Daher benötigt eine Tiefziehbox drei wichtige Merkmale:
- Eine Oberseite mit ausreichend Löchern
- Eine Seite mit einem Loch für den Staubsauger
- Eine gute Abdichtung
Für den Bau der Basis einer Tiefziehbox könnt ihr entweder eine Box ganz selber bauen oder eine fertige Holzbox im Baumarkt kaufen. Achtet darauf, dass das Holz dick genug ist, sodass es durch den Unterdruck nicht birst.
Die Basis der Tiefziehbox
Die Tiefziehbox wird zunächst aus der Unterseite und den vier Seitenteilen zusammengesetzt. Die Seitenteile solltet ihr möglichst niedrig wählen, damit sich das Vakuum schneller einstellt. Dennoch müssen sie hoch genug sein, sodass das Loch für das Staubsaugrohr noch hineingeschnitten werden kann.
In eines der Seitenteile schneidet ihr ein Loch mit dem Durchmesser des Staubsaugerrohres. Ein zu großes Loch kann nachträglich noch mit einem Gummi zum Abdichten versehen werden. Die Box sollte idealerweise zu 100% luftdicht sein, um den maximalen Unterdruck an der Saugplatte erzeugen zu können. Daher empfehlen wir, sie mit Tesa Moll oder anderer Abdichtmasse an den Stoßkanten abzudichten.
Die Oberseite der Tiefziehbox
Die Oberseite der Tiefziehbox haben wir aus einer Holzplatte gebaut, in die wir Löcher gebohrt haben. Die Löcher sind 2 mm breit und besitzen einen Abstand von 10 mm. Bei unserer ersten Platte aus Holz sind die Löcher teilweise ausgerissen. Dies hat keinen Effekt auf das Tiefziehen selber. Ihr könnt die Oberseite aus Holz selber machen oder ein Lochblech verwenden.
Zum Anbringen der Oberseite bringt ihr Stege an den Seiten an. Zur zusätzlichen Stabilisierung kann (insbesondere bei großen Boxen ratsam) noch ein Steg in die Mitte der Box eingebaut werden. Der Mittelsteg stabilisiert die Platte bei starker Krafteinwirkung. Auf die Stege wird die Oberseite aufgeschraubt. Wenn die Wände der Kiste dick genug sind, könnt ihr die Oberseite natürlich auch direkt auf diese schrauben. Ein Abdichten der Oberseite ist nicht (oder nur schwer) möglich und auch nicht nötig.
Wie bekomme eine einheitliche Oberfläche?
Wie bereits beschrieben, könnt ihr für die Oberseite der Tiefziehbox eine Lochplatte selber aus Holz bauen und diese mit Löchern versehen. Probleme könnte es dabei abhängig vom verwendeten Holz durch ausgefranste Löcher geben. Die Folie bildet an diesen Stellen nicht nur die Löcher sondern auch die Risse nach. In den meisten Fällen ist das kein Problem, da dieser Teil der Folie weggeschnitten wird. Benötigt ihr allerdings diesen Teil der Folie, tauscht ihr die Oberseite am besten gegen eine geeignetere aus.
Wir haben uns zwei Alternativen näher angeschaut. Sehr verbreitet in Tiefziehforen ist die Verwendung von Lochblech anstelle von gebohrtem Holz. Die Verwendung eines Lochblechs kostet weniger Zeit, da es lediglich vorgeschnitten werden muss. Bei der Auswahl des Lochbleches solltet ihr darauf achten, dass der Abstand zwischen den Löchern ausreicht und die Löcher nicht zu groß sind. Am besten ist eine Rundlochung geeignet. Wir nutzen ein Blech mit Löchern mit einem Durchmesser von 1,5 mm und einem Abstand von 1 mm.
Für das Blech solltet ihr auf jeden Fall auch mittig in der Kiste Stege anlegen, da sich Blech stärker durchbiegt als Holz. Wir haben hierfür Schrauben verwendet, die wir mittig in den Kasten geschraubt haben. Der Vorteil von Schrauben ist, dass die Höhe nachträglich passend eingestellt werden kann. Ein Holzsteg mit den falschen Maßen muss hingegen nochmal nachbearbeitet werden oder im schlimmsten Fall gänzlich ausgetauscht werden. Das Lochblech wird genauso auf die Seitenwände geschraubt wie auch die Holzplatte.
Natürlich sieht man auch bei einer Lochplatte noch die Löcher auf der tiefgezogenen Folie, aber diese sind regelmäßiger.
Sollte dies dennoch für euch ein Problem sein, empfehlen wir einen nicht zu feinmaschigen Baumwollstoff zu verwenden. Dieser wird über das Lochblech gezogen und mit festgeschraubt. Wer einen besonders starken Staubsauger besitzt, kann auch ein Blatt Papier verwenden. Die Saugkraft genügt, um durch das Papier hindurch ein Vakuum zu erzeugen.
In beiden Fällen wird die Oberfläche einheitlicher. Dies kann von Vorteil sein, wenn ihr z.B. beim Gießen von Hohlkörpern zwei Formen zusammenfügen möchtet und dafür eine einheitliche Oberfläche benötigt oder wenn ihr Blister tiefzieht. In den meisten Fällen spielt eine glatte Oberfläche allerdings keine Rolle. Es wird nur die entstandene 3D-Form benötigt und die umliegende Folie weggeschnitten. Daher ist die Verwendung eines Lochbleches fast immer ausreichend.
TOPIC 3 - Die Urform / Das Negativ
Abhängig vom Projekt muss eine Urform selbst angefertigt werden. In der Industrie werden diese aus Sand erstellt. Für den Privatbereich wäre dies jedoch zu aufwendig.
Welches Material ist für die Urform geeignet?
Für die Materialwahl gibt es verschiedene Möglichkeiten. Holz eignet sich besonders, wenn viele Modelle hintereinander angefertigt werden sollen. Es absorbiert Wärme nicht so schnell wie andere Materialien und kann nicht schmelzen. Außerdem ist es wohl das kostengünstigste Material, das mit dem wenigsten Aufwand bearbeitet werden kann. Am besten geeignet ist Balsaholz. Dieses könnt ihr zum Beispiel in Läden für Künstler- und Hobbybedarf erhalten. Aber egal für welche Holzsorte ihr euch entscheidet, nach dem Erstellen der Urform müsst ihr das Holz noch mit 400er-Schleifpapier nachbearbeiten. So wird die Urform schön glatt und die Maserung des Holzes ist später nicht mehr auf euren Modellen zu erkennen.
Wenn ihr bereits in der glücklichen Lage seid, einen 3D-Drucker zu besitzen, kann dieser auch genutzt werden, um eine passende Urform zu erstellen. Diese Methode eignet sich besonders, wenn euch das nötige handwerkliche Geschick fehlt, euch aber Computer und technische Zeichnungen keine Schweißperlen auf die Stirn treiben. Beim 3D-Druck entstehen bei den meisten Druckern Rillen. Diese werden i.d.R. nicht auf der Folie abgebildet, da sie recht klein sind. Sollten dennoch Abdrücke der Rillen zu sehen sein, kann eine dickere Folie probiert werden. Eine weitere Möglichkeit ist es, die Rillen mit einer Masse zu verfüllen, die anschließend wieder verschliffen wird. Eine Urform aus dem 3D-Drucker sollte nach jedem Gebrauch erst einmal abkühlen, um ein Verformen des Kunststoffes zu vermeiden.
Im Hobbybereich wird häufig auch Gips eingesetzt, insbesondere, wenn bereits eine Vorlage wie eine (kaputte) Hohlform existiert. Ihr könnt kostengünstigen Baugips verwenden, solltet aber die Oberfläche mit feinkörnigem Modelliergips überziehen, um ein möglichst glattes Ergebnis zu erhalten. Da Gips Wärme gute speichert, sollte eine Gipsform vor mehrmaligen Gebrauch gut auskühlen.
Leicht zu bearbeitende Materialien aus Kunststoff, wie z.B. Styropor, eignen sich leider nicht. Sie würden unter der Hitze schmelzen. Man kann diese aber als Basis nutzen und mit ein paar Schichten Gips überziehen. Ein weiteres einfach zu bearbeitendes Material ist PUR-Hartschaum. Diesen bekommt ihr als Block im Baumarkt. PUR-Hartschaum schmilzt nicht wie andere Kunststoffe. Achtet aber auch hier darauf, dass das Material nicht zu warm wird.
Wer Setzkästen für Figuren, Werkzeuge oder ähnliches anfertigen möchte, sollte darauf achten, dass diese (und deren Beschichtung) unempfindlich gegen die hohen Temperaturen der Folie sind und keine Hinterschnitte besitzen. Hinterschnitte können im Zweifelsfall aber auch mit anderem Material aufgefüllt werden während des Tiefziehens.
Konstruktionshinweise für die Urform
Vor dem Anfertigen der Urform solltet ihr sicher sein, dass die Maße stimmen. Sofern ihr die Urform aus Holz oder PUR-Hartschaum herstellt, ist es am besten sie zunächst ein wenig größer anzufertigen als sie benötigt wird. Die Form könnt ihr anschließend allmählich auf die gewünschte Größe verkleinern (z.B. durch Schleifen). Ist die Urform zu klein, ist es noch möglich, diese durch das Auftragen von Modelliergips zu vergrößern. Bei der Arbeit mit Gips und 3D-Druckteilen sollte von vornherein sehr exakt gearbeitet werden. Ein nachträgliches Bearbeiten gestaltet sich hier eher schwierig.
Vermeidet Hinterschnitte! Die Folie legt sich zwar vollständig um die Urform, kann dann aber nicht mehr von dieser gelöst werden, ohne sie zu zerstören. Falls die Urform Hinterschnitte besitzt, gibt es zwei Möglichkeiten:
- Ihr könnt die Hinterschnitte so verfüllen, dass keine Hinterschnitte im Modell entstehen.
- Ihr teilt die Urform auf und setzt das Modell nachträglich aus zwei oder mehr Teilen zusammen. Mit einem Heißluftfön könnt ihr Unebenheiten an den Übergängen ausbessern.
Bei der Erstellung der Urform ist es von Vorteil, möglichst auf scharfe Kanten und Ecken zu verzichten und Rundungen zu bevorzugen. Rundungen helfen, zusätzliche Falten beim Tiefziehen zu vermeiden. Bei niedrigen Objekten von bis zu 2 cm macht es keinen Unterschied, ob Kanten oder Rundungen vorliegen; die Falten an den Ecken sollten nicht auftreten. Sofern unbedingt scharfe Kanten benötigt werden, solltet ihr mit unterschiedlichen Foliendicken rumprobieren, da auch dies zu unterschiedlichen Ergebnissen führen kann.
Sollte die Urform aus mehreren Objekten bestehen, achtet darauf, dass eng beieinander liegende Wände durch eine Rippe verbunden sind oder ausreichend Abstand zwischen den Wänden besteht. Der Abstand zwischen den Wänden sollte max. 80% der Höhe der Wände betragen, damit sich kein Steg (siehe Bild unten, "1") bildet. Auch hier kann die Foliendicke einen Einfluss darauf haben, ob sich ein Steg bildet und wie hoch dieser ist.
TOPIC 4 - PET-Folie als Tiefziehmaterial
Für das Tiefziehen im Privatbereich bieten sich Acrylglas, Polystyrol, PET-Folie und Hart-PVC an. Wir nutzen PET-Folie. Sie ist nicht spröde und bekommt daher nicht so leicht Risse. Auch ein Zerbrechen des Models kann damit verhindert werden. Weiterhin ist PET-Folie ein kostengünstiges Material. Für den Modellbau bietet sie sich auch aufgrund ihrer geringen Dichte an. Deshalb ist PET-Folie im Vergleich zu anderen Kunststoffen leichter.
Wer Tiefziehen möchte, um Verpackungen oder Hohlformen herzustellen, kann ebenfalls PET nutzen.
PET gibt es in drei Sorten, von denen sich aber nur zwei für das Tiefziehen eignen:
- PET-A ist eine amorphe Folie, die besonders flexibel ist. Sie besitzt eine bessere Schlagzähigkeit und Dimensionsstabilität, aber eine geringere Steifigkeit und Härte als andere PET-Sorten. Da die transparent PET-A bereits bei 80°C auskristallisieren kann und damit milchig wird, muss sie schnell erwärmt werden und ausreichend schnell auskühlen. Sie eignet sich dennoch gut für das Tiefziehen.
- PET-G ist mit Glykol versetzt, wodurch die Folie zähflüssig und formstabil wird. Sie ist thermisch stabiler als andere PET-Sorten und daher auch gut zum Tiefziehen geeignet.
- PET-C ist teilkristallin und daher ungeeignet zum Tiefziehen.
Achtet darauf, dass ihr die richtige Folie zum Tiefziehen kauft. Wenn ihr euch nicht sicher seid, um welche Art von PET-Folie es sich handelt, fragt immer bei eurem Händler nach.
Wir raten davon ab, PET-Flaschen zu verwenden: Die PET-Folie der Flaschen ist i.d.R. bereits in einer vorgefertigten Form und mit Mustern o. ä. verziert. Dadurch ist die Folie schwerer zu bearbeiten. Es ist nicht möglich einen dichten Abschluss für das Vakuum auf dem Rahmen zu erhalten. Teilweise kann es noch mit dem Heißluftfön zurechtgezogen werden. Dies ist aber meistens den Aufwand nicht wert.
PET-Folien gibt es in verschiedenen Dicken, passend für jedes Projekt. Sie sind bis zu einer Stärke von 5 mm klar.
Kleine Faustregel: Je höher die Urform wird, umso dicker sollte die Tiefziehfolie ausgewählt werden.
Bei zu dünnen Folien kann es durch die Dehnung der Folie zu Rissen und dünnen Stellen kommen. Wichtig zu beachten ist jedoch: Je dicker die Folie ist, desto höher ist die Gefahr, dass sich die Urform verformt, da mehr Kraft aufgewendet werden muss, um die Folie über das Objekt zu ziehen. Die Dicke der zu verwendenden Folie verhält sich jedoch nicht proportional zur Höhe des abzubildenden Objektes. Solltet ihr unsicher sein oder Beratung wünschen, spricht euren Folien-Anbieter an, welche Foliendicke sich für euer Projekt am besten eignet.
TOPIC 5 - Anleitung Tiefziehen
Sicherheitshinweise: Beachtet bitte, dass ihr beim Tiefziehen die gesamte Zeit mit stark erwärmten Gegenständen hantiert. Seid sorgsam und achtet auf euch, indem ihr immer ausreichend Abstand zum Ofen haltet und mit hitzebeständigen Handschuhen arbeitet.
Schritt 1: Anlage vorbereiten
a) Urform auflegen
Bevor ihr mit dem Tiefziehen beginnt, achtet darauf, dass eure Urform die richtige Form besitzt. Mehr dazu könnt ihr unter Topic 4 und 5 nachlesen.
Die Urform muss zunächst richtig aufgelegt werden. Legt sie möglichst mittig auf die Tiefziehbox. Sie darf nicht alle Löcher der Lochplatte überdecken, um den nötigen Unterdruck erzeugen zu können. Lange Objekte sollten besser quer aufgelegt werden. Wenn ihr nur kleine Objekte tiefziehen möchtet, könnt ihr auch mehrere Formen auf einmal auflegen. Voraussetzung hierfür ist, dass die Objekte nicht allzu hoch sind und ausreichend Abstand zueinander haben. Falls das Objekt etwas wackelig aufliegt, könnt ihr dessen Unterseite mit doppelseitigem Klebeband oder Kreppklebeband an der Lochplatte befestigen. Achtet beim Auflegen des Objektes aber darauf, dass keine Hinterschnitte entstehen.
b) Die richtige Folie wählen(mehr dazu unter Topic 4 und 5)
c) Alles bereitstellen und vorbereiten, in Reichweite
Bevor ihr beginnt, die Folie zu erwärmen, geht sicher, dass alles was ihr braucht auch bereitsteht. Der Staubsauger sollte am Strom angeschlossen sein und in Reichweite stehen. Geht sicher, dass das Staubsaugerrohr und die Tiefziehbox sicher miteinander verbunden sind. Achtet auf einen sicheren Stand der Geräte! Wenn der Unterdruck während des Tiefziehens durch ein Verwackeln oder Umstoßen unterbrochen wird, wäre das sehr ärgerlich.
Nun heizt ihr den Ofen vor. Während ihr das macht, könnt ihr bereits die Folie gleichmäßig und fest in das Spannsystem einspannen. Dazu legt ihr die Folie auf den unteren Rahmen und legt den zweiten Rahmen auf diese. Zieht die Muttern oder die Kniehebelspanner fest, bis weder Rahmen noch Folie verrutschen können und gleichmäßig übereinander liegen.
Schritt 2: Folie richtig erwärmen
Es empfiehlt sich die gesamte Zeit, in der die Folie im Ofen erwärmt wird, den Prozess im Auge zu behalten. Sollte die Folie schmelzen, können sich auch bei den relativ niedrigen Temperaturen im Ofen gesundheitsgefährdende Gase entwickeln. Dies sollte insbesondere am heimischen Herd vermieden werden: Eine verbrannte Folie riecht sehr unangenehm, aber bereichert den Geschmack zukünftiger Gerichte nicht sonderlich.
Jede Folie benötigt abhängig von Farbe und Dicke andere Temperaturen und Zeiten, bis sie sich ideal tiefziehen lässt. Für PET-Folie sind es nur wenige Sekunden Unterschied zwischen den Folien mit unterschiedlichen Eigenschaften. Wenn die idealen Tiefziehvoraussetzungen nicht vom Hersteller angegeben werden, kommt man leider nicht drumherum, es selber auszuprobieren. Dabei ist das Wissen um die Veränderung der Folie bis zur idealen Tiefziehkonsistenz wichtig (siehe unten).
In unseren Versuchen haben sich für die Folien in unserem Angebot folgende Werte ergeben:
|
PET-A weiß |
PET-A gelb |
PET-A transparent |
PET-A transparent |
PET-G transparent |
Dicke |
0,2mm |
0,3mm |
0,4mm |
0,7mm |
0,25mm |
Temperatur |
220° OHG |
220° OHG |
240° OHG* |
250° OHG* |
230° OH |
Dauer |
12-14 s |
9-10 s |
7-8 s |
14-15 s |
15 s |
Maximale Formtiefe |
1 cm |
1,5 cm |
2 cm |
4,5 cm |
2 cm |
Erklärung: OHG – Oberhitze + Grill, OH – Oberhitze, * Heizspirale
Schritt 3: Durchführung im Ofen
Nachdem die Folie in den Spannrahmen eingespannt und der Staubsauger an die Tiefziehbox angeschlossen wurde, wird der Spannrahmen in den Herd gelegt. Wir nutzen dafür die oberste Schiene. Dies hat den Vorteil, dass wir den Innenraum des Ofens mithilfe der Aluminiumplatte möglichst klein halten können. Dadurch erwärmt sich der Innenraum schneller und die Wärmeverteilung ist besser. Zusätzlich sparen wir Energie. Die Folie sollte auf jeden Fall von außen gut einsehbar sein, um das charakteristische Durchbiegen beobachten zu können.
Beim Erwärmen wird die Folie die folgenden drei Stufen durchlaufen:
- Die Folie zieht sich durch das Erwärmen zusammen.
- Die Folie wird weicher und beginnt sich zu wellen. Sie biegt sich bis zu einem bestimmten Punkt durch und wellt sich dort.
- Durch weiteren Wärmeeintrag biegt sich die Folie weiter durch ohne sich zu wellen.
Erst in der dritten Stufe besitzt sie die richtige Konsistenz zum Tiefziehen. Daher achtet darauf, dass ihr die Folie nicht zu früh herausnehmt. Am besten ist es, wenn ihr zuvor ein paar Versuche mit Folienresten durchführt, um ein Gefühl für den richtigen Zeitpunkt zum Herausnehmen zu bekommen.
Sobald die Folie die ideale Temperatur erreicht hat, schaltet den Staubsauger ein und nehmt den Spannrahmen aus dem Ofen.
Schritt 4: Folie über Urform ziehen
Drückt die Folie mit dem Spannrahmen über eure Urform. Durch den Unterdruck des Staubsaugers wird diese fast automatisch über die Urform gezogen. Möglicherweise müsst ihr ein klein wenig nachhelfen. Sollte das Erwärmen sehr schnell gehen, dann solltet ihr den Staubsauger bereits zu Beginn einschalten. Ansonsten fehlt euch die Zeit alles problemlos hintereinander durchzuführen.
Für das Tiefziehen der Folie über die Urform muss sie fest in den Rahmen gespannt sein, um ein Verrutschen beim Tiefziehen zu vermeiden. Die Folie muss von oben geradlinig über die Urform gezogen werden. Bei größeren Objekten ist dies i.d.R. nicht so einfach. Hier müsst ihr etwas Kraft aufwenden, um den Vorgang schnell ausführen zu können. Sobald die Folie ein Objekt berührt, kühlt sie ab und ist damit schwerer zu verformen.
Wenn die Folie über die Urform gezogen wurde und abgekühlt ist, kann der Staubsauger abgeschaltet werden. Die Folie kann vorsichtig aus dem Rahmen gelöst werden. In der Regel wird dabei die Urform weiterhin an der Folie festkleben. Löst die Urform nun vorsichtig aus der Folie heraus. Die überschüssigen Ränder der Folie könnt ihr abschneiden. Damit ist eure tiefgezogene Form fertig.
Die Urform könnt ihr mehrmals hintereinander verwenden, aber achtet darauf, dass diese nicht zu heiß wird oder selber schmilzt. Dies gilt besonders für Formen aus dem 3D-Drucker.